Ghalerius Maximus (Teil 4)

Nachdem die Piraten nun die Galeone erblickt hatten, gingen sie zum Angriff über. Der Zenturio dachte kurz darüber nach Widerstand zu leisten, beschloss dann aber sich schlafen zu legen und übertrug damit das Kommando an seinen ersten Offizier Diethelm. Bevor dieser die Lage durchschauen konnte, waren die Piraten bereits an Bord gegangen und hatten einige der verschlagen aussehenden Hilfsmatrosen niedergemetzelt, da sie den Ernst der Lage noch nicht erkannt hatten und mit den Kanonen hilflos auf einzelne Schiffe feuerten. Dem Rest der Besatzung blieb dieses Schicksal erspart, und man brachte sie gefesselt an Bord des Führungsschiffes, dem legendären Dreimaster „Schwarzer Hengst“.

Die Mannschaft hatte bereits von Joachim Blutschädel, dem Anführer der Akaba-Piraten, gehört. Man sagte ihm nach, er ließe nicht mit sich verhandeln und bestrafe jeden, der es versucht, mit tagelanger Folter. Nach einer kurzen harschen Unterredung wurden die Gefangenen an Land gebracht, wo sie zu Piraten umgeschult werden sollten, denn es mangelte ihnen an fähigem Nachwuchs.

Auf der Insel angelangt bemerkte der erste Offizier Diethelm, der nun auf den Namen Schlitzer-Joe hören sollte, ein prunkvolles Monument, auf dessen Inschrift er einen ihm bekannten Namen entdeckte: Maxim Odar. Er war genau wie Diethelm selbst als Missionar tätig und wurde ins Exil nach Süden verbannt, nachdem er auf dem Marktplatz Roms eine ketzerische Revolution einleiten wollte. Diethelm sah nun eine Gelegenheit, seinen Fehler wieder gut zu machen, denn er wusste, welchen Aberglauben sein verstorbener Kollege den Piraten anerzogen hatte. In ihren Schriften war die Rede von einem leuchtenden Schiff der auserwählten Gottestochter, der irdischen Reinkarnation der Venus, das mit den Sünden der Gläubigen beladen an den südlichen Rand der Welt fährt, um diese dort dem Fegefeuer zu übergeben. So umhüllten sie die heilige Prostituierte Anna McKiwitz mit reinweißen Tüchern und ließen die in der Bucht geankerte Galeone noch einmal mit den festlichen Lampions erstrahlen. Der Plan ging auf: Joachim Blutschädel erkannte das vermeintlich göttliche Zeichen und beorderte seine Männer, ihre Sünden dem Papyrus anzuvertrauen, damit die Himmelsbarke sie von ihnen nehmen könnte. Als dies geschehen war, ließen sie das Schiff seine Reise fortsetzen.

So war das Ansehen des ersten Offiziers Diethelm wiederhergestellt, und auch die heilige Prostituierte Anna McKiwitz hatte ihren Teil zur Rettung beigetragen. Sie durfte von nun an zwei Stunden täglich außerhalb ihrer Holzkiste verbringen. Als der Zenturio erwachte, nahm er den Bericht freudig zur Kenntnis.

Gekocht am 7. November 2006.


Alle Texte in dieser Reihe

  • Teil 1
    diagnostiziert am 2. Oktober 2006
  • Teil 2
    diagnostiziert am 14. Oktober 2006
  • Teil 3
    diagnostiziert am 24. Oktober 2006
  • Teil 4
    diagnostiziert am 7. November 2006
  • Teil 5
    diagnostiziert am 2. Dezember 2006