Arno Hubhausen begann seinen voraussichtlich letzten Tag in seinem kleinen Garten, wo er seinen kolossalen haarigen Bauch in der brennenden Frühlingssonne bräunte. Er wusste, was passieren würde, aber er hatte sich damit abgefunden und versuchte nicht daran zu denken. Ein paar Spiegeleier in die Pfanne, dazu Apfelmus mit reichlich Kümmel und gedünstete Zwiebeln — das war genau sein Ding. Er war kein besonders geselliger Mensch und hatte schon lange mit niemandem mehr als ein paar Worte gewechselt. Bis auf den Briefträger Horsty — da gab es eine ihnen beiden unerklärliche Beziehung, die ihren Höhepunkt eine Woche zuvor erreicht hatte, als Arno ihm einen Heiratsantrag machte. Dazu schickte er ein Paket an sich selbst. Enthalten war eine in Rosenblüten eingebettete Sprengladung, die er mit einer Fernsteuerung zündete, als Horsty ihm das Paket überreichte. Der Plan sah vor, ihm das Ja-Wort inmitten eines rosafarbenen plüschig-fluffigen Blütentraums zu entlocken. Die Sprengladung war für diesen Zweck jedoch überdimensioniert und zwang Horsty in die Frührente. Der Vorfall wurde nach allen Regeln der Kunst vertuscht. Von da an brachte eine dralle Blondine die Post. Briefe und Postkarten steckte sie in ihren Ausschnitt und ließ sie von den Empfängern herausfriemeln, wahlweise auch mit Sprühsahne-Schlecken. Man munkelte, sie sei eine ehemalige Prostituierte, die ihre Karriere auf Grund von Geschlechts- und Geisteskrankheiten an den Nagel hängen musste. Arno fand sie ekelhaft und nahm seine Post nur nach ausgiebiger Behandlung mit Desinfektionsspray in die Hand. Heute war nur Werbung im Briefkasten. Eine Kiste Sauerkrautsaft für 10 Euro, das soll gesund sein, riecht und schmeckt aber wie gekotzt. Vierzehn Uhr — noch etwas mehr als eine Stunde. Gerade als er etwas Ordnung in seine Zündkerzensammlung bringen wollte, geschah es: Sein fettiger Blick fiel auf die herumliegende Zeitung, die mit der Schlagzeile „Grotesk dicker Wurstmann in Badewanne ersoffen!“ lockte. Daneben ein sepiafarbenes Schulfoto von ihm selbst mit nachträglich hinzugefügtem Schnurrbart und einem Schinken im Mund — oh nein, er hatte vergessen, die Uhr umzustellen! Sein Herz wollte nicht weiter schlagen, er begann zu taumeln, schleppte sich ins Badezimmer und stolperte über die antike Nähmaschine. Fast in Zeitlupe fiel er hinterrücks in die Badewanne und schlug mit seinem Kopf auf den Wasserhahn. Ein großer Rumms erschütterte das Haus. Ein Glück, dass er das Wasser abgestellt hatte. So entging er nur knapp dem Tod durch Ertrinken und lebte glücklich und zufrieden bis an sein Lebensende, das ein paar Minuten später kam. Das Apfelmus war vergiftet gewesen, und draußen bellte ein Hund. Er hieß Zapharotti — benannt nach einer Gießkanne.
Gekocht am 12. März 2009.
Zuletzt aufgebraten am 13. Mai 2014.