Nach dem radikalen Zusammenbruch des friesischen Fischstäbchenherstellers Zapfnuttka Ltd. (wir berichteten bewusst nicht) durch unangekündigtes Brandroden klagt die Arbeiterschaft nun über unzumutbare Lärm- und Geruchsbelästigung. Wir haben der provisorischen Arbeitsstätte in einem stillgelegten Zuckerbergwerk einen Besuch abgestattet, um uns ein eigenes Bild von der Situation zu machen.
Im Foyer empfängt uns eine lebensgroße Statue, die den Verbund zwischen Mensch und Fisch auf obszöne Weise darstellt. Wie ein Mahnmal thront das aus Fischgräten und schmierigem Menschenhaar zusammengehaltene Konstrukt über der gesamten Anlage, und wir fragen uns sofort: Kann man etwas essen, ohne einen Teil dessen Identität anzunehmen? Und wozu das Ganze?
Wir sind zum Lunch mit Vizepräsident Ralfardo Flankhuber 2.0 verabredet. Stolz, ja beinahe protzig erwähnt er die fortschrittlichen Produktionsanlagen, die wir später noch besichtigen würden. Der Verdacht drängt sich auf, dass Flankhuber ein mechanischer Mensch ist, unter seiner Sonnenbrille blitzt etwas Metallenes. Ein aufdringlicher Geruch von Leber liegt in der Luft.
Ein langer, aber trotzdem runder Gang führt zu den überdimensionierten Fischbecken. Eine russische Witwe wippt manisch klagend in ihrem Schaukelstuhl am Rande, während die Karpfen offenbar freiwillig in den Tod schwimmen. Harmonisch rotierende Messer zerhacken sie säuberlich.
Doch etwas stimmt nicht. Es gibt keine Arbeiter, stattdessen doppelt verglaste Fenster. „Die bündeln das Sonnenlicht besser als jeder Marmor!“, verrät uns später der Hausmeister — ein Paradebeispiel für die Einsparung von Arbeitskräften, wie wir finden.
Um die komplexen soziokulturellen Zusammenhänge durchblicken zu können, die dieses nebulöse Unternehmen durchziehen, bedarf es eines kurzen Rückblicks:
- Um 1968 fällt in der Öffentlichkeit erstmals der Name „Zapfnuttka“. Ursprünglich als Werbegag gedacht, wird die in sich selbst verknoteten Forelle leicht abgewandelt als Firmenlogo übernommen.
- 1977 errichtet der aus Äthiopien eingewanderte Verein fröhlicher Marxisten e. V. im Auftrag der Schweizer Telekom unbeabsichtigt die erste unabhängige Schaltnetzzentrale in Hommelburg. Bei den Bauarbeiten wird ein drei Meter langer Rauhaardackel mit einer chinesischen Inschrift ausgegraben.
- Am 23. August 1989 kommen bei einer fatalen Überschwemmung unzählige für verschollen gehaltene Akten mitsamt Aktivisten ans Tageslicht.
- 1995 eröffnet der Bundesgerichtshof das Verfahren gegen den damaligen Konzernpräsident Bugo Regelmann. Der Vorwurf: Hinterziehung von taktlos gesteuerten Zündplättchen in Millionenhöhe.
- Im Juni 1996 wird Regelmann zu lebenslanger Haft verurteilt. Er wird jedoch später im Rahmen eines Gefangenenaustauschprogramms nach Russland übergeben.
- Im Jahr 2005 ereignet sich schließlich die hinlänglich beschriebene Katastrophe, die im Volksmund „Fall des Rochus“ genannt wird.
Um Punkt 18 Uhr versiegelt sich das Gebäude von selbst. Schockiert und fasziniert zugleich verlassen wir das Gelände fluchtartig mit dem firmeneigenen Minenräumpanzer und vertreiben uns die lange Fahrt mit Snooker.
Mit etwas Abstand betrachtet steht eines fest: Im Buchenwald ist etwas faul. Wir werden nicht nachlassen, bis die ganze Wahrheit ans Tageslicht kommt, denn dies sind wir als Journalisten den Menschen schuldig!
Nachtrag
Es ist alles in Ordnung! Kaufen Sie die neuen Schollies von Zapfnuttka mit dem fruchtig-leichten Duft der Pfirsischtrahäse als Ersatz für Kolben und Fräse oder ganz einfach nur zur Dekoration Ihrer Lieblingsspeise!
Gekocht am 29. April 2006.
Zuletzt aufgebraten am 15. Mai 2014.